
Im März 2016 schaffte das finnische Fintech- Unternehmen Holvi seinen Exit, nachdem die spanische Bankengruppe BBVA die Übernahme des Startups bekannt gab. Auch österreichische Investoren profitierten von dem Exit – der Wiener Risikokapitalgeber Speedinvest investierte gemeinsam mit Partnern bereits 2014 in das Fintech- Startup, das mit seinem digitalen Geschäftskonto Selbstständigen und Freelancern das Leben erleichtern will, in dem es Online- Banking, papierlose Buchhaltung und Rechnungslegung über einer zentrale Plattform abwickelt.
Antti-Jussi Suominen, CEO von Holvi, spricht im Interview mit startablish über die Entscheidung Österreich als ersten Auslandsmarkt zu targeten und wie sich Holvi seit dem Exit entwickelt und verändert hat. Suominen selbst kann bereits auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken. Seine beruflichen Stationen führten ihn u.a. zu Nokia, Sonera und Elisa, bei denen er jeweils für das Unternehmenswachstum mitverantwortlich war. Er besitzt langjährige Erfahrung im Firmen- und Startup-Umfeld und einen großen Erfahrungsschatz in Bezug auf Aufbau und Führung von neuen Geschäftsmodellen und Innovationen von Online- und Mobile-Services – zuletzt lag sein Fokus auf Online-Games und Mobile-Commerce.
Wofür steht der Name Holvi?
Das Wort “Holvi” stammt aus dem finnischen und bedeutet frei übersetzt ins deutsche “Tresor”. Unser Mitgründer Tuomas Toivonen ist verantwortlich für die Infrastruktur von Holvi, welche er auf dem Prinzip einer Kombination eines undurchdringlichen Tresors gepaart mit einer einzigartigen und unkomplizierten Benutzeroberfläche erbaut hat.
Wie unterscheidet ihr euch von den Geschäftskonten von N26 und Fidor? Welche Vorteile bietet ihr euren Kunden?
Der Unterschied besteht darin, dass wir Bankgeschäfte mit Business-Tools kombinieren und unseren Kunden eine nahtlose Erfahrung beim Management ihrer Finanzen bieten. Mit Holvi können Kleinunternehmer alles, was sie benötigen, in einem Service abwickeln und müssen nicht zu einer Bank gehen oder zusätzliche Tools in Anspruch nehmen bzw. bezahlen.
Natürlich gibt es Anbieter von Geschäftskonten mit mobilem Banking, aber keines dieser Angebote kombiniert Business-Tools mit Bankgeschäften so wie Holvi.
Ein Wettbewerbsvorteil, den wir von Beginn an hatten, ist, dass es ein reales Bedürfnis nach Unterstützung im Management von Finanzen und Steuern gab und immer noch gibt. Unser Team kennt die Wünsche unserer Kunden sehr genau und weiß, worauf es bei der Verwaltung und Ordnung von Finanzen ankommt. Wir versuchen, unseren Entwicklungszyklus nahe an unseren Kunden auszurichten und ihr Feedback und ihre Kommentare bei der Produktentwicklung zu integrieren, um unser Serviceangebot weiter zu verbessern. Holvi konzentriert sich darauf, etwas zu entwickeln, das man als kontextuelles Banking bezeichnen könnte – ein maßgeschneiderter Service für Freelancer, Selbstständige und Kleinunternehmer, der es ihnen ermöglicht, das Produkt für ihre spezifischen Bedürfnisse zu nutzen. Hier spielen wir einen weiteren Vorteil aus: die Nähe zu unseren Kunden – wir kennen ihre speziellen Bedürfnisse und können diese deshalb in unseren Service integrieren.

Für welche Unternehmensgröße ist der Einsatz von Holvi sinnvoll?
Die Holvi App ist speziell für B2B-Dienstleister wie Unternehmensberater, Designer oder Entwickler konzipiert. Wir richten uns an Freelancer und Kleinunternehmen, die sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren wollen, und nicht auf das Sortieren von Papieren und Belegen.
Holvi ist für Unternehmen mit einer Größe von eins bis neun Personen gedacht – unsere Dienstleistungen konzentrieren sich auf diese Größe und funktionieren am besten in einer solchen Umgebung.
Ihr habt euer Produkt relativ schnell hierzulande angeboten? Warum genau der Schritt nach Österreich?
Einer der Hauptgründe, warum wir uns für Österreich als unseren ersten Auslandsmarkt entschieden haben, war die Tatsache, dass unser Hauptinvestor ein in Österreich ansässiger VC und Speedinvestor war. Durch sein Netzwerk und seine Unterstützung konnten wir eine Menge über einen Markteintritt, den Aufbau von Partnerschaften und die Gewinnung von Kunden lernen. In der ersten Phase unseres Markteintritts in Österreich wollten wir auch prüfen, ob das Land als Sprungbrett nach Deutschland fungieren könnte. Wir erkannten aber schnell, dass die Märkte sehr unterschiedlich sind und jeweils einen anderen Ansatz erfordern würden.
Zusätzlich zu eurem Konto, bietet ihr auch Finanzmanagement-Tools an, ähnlich wie debitoor?
Das Konto besitzt die gleichen Funktionen wie Konten trditioneller Banken, allerdings mit dem Unterschied, dass es mit unseren Werkzeugen zum Geld Einnehmen und Verwalten von Finanzen verknüpft ist. Diese Integration ermöglicht unseren Kunden ein besseres Verständnis ihres Cashflows – und mit der Smartphone-App vor allem mehr Kontrolle, jederzeit von überall. Wir sehen uns mehr als Werkzeugkoffer für Selbstständige – sie können wählen, ob sie nur einen Teil unseres Angebots verwenden wollen oder gleich das gesamte Paket.
Welchen Vorteil bietet Holvi in diesem Bereich?
Bei uns ist alles mit dem Geschäftskonto verknüpft. Mit wenigen Klicks können unsere Kunden alle relevanten Daten an ihren Steuerberater weiterleiten, ohne dass für weitere Services oder das Geschäftskonto Zusatzkosten anfallen.
Wir helfen unseren Kunden dabei, alle administrativen Aufgaben zu automatisieren, die nicht zur Weiterentwicklung ihres Geschäfts beitragen. Mit unserem einfach aufzusetzenden Online-Shop, dem integrierten Tool zur Rechnungserstellung und dem Geschäftskonto geben wir ihnen alle Werkzeuge an die Hand, damit sie nicht mehr ihrem Geld hinterherlaufen müssen und es pünktlich und stressfrei bei ihnen ankommt. Das ist für jeden Selbständigen der erste Schritt in Richtung Erfolg.
Wie sieht eure Roadmap aus? Welche Funktionen wollt ihr in naher Zukunft in Holvi integrieren?
Demnächst bringen wir unsere neue mobile App für iOS und Android auf den Markt. Wir haben im Vorfeld intensiv Feedback von unseren Kunden eingeholt, um die Entwicklung auf ein neues Niveau zu heben und sicherzustellen, dass wir unseren Kunden die richtigen Services zur richtigen Zeit zur Verfügung stellen. Mit der App können unsere Kunden die wichtigen täglichen Aktivitäten eines kleinen Unternehmens von unterwegs verwalten – sie können ihren Kunden Rechnungen stellen, ihre Ausgaben verwalten und ihre Belege in digitaler Form direkt in der App speichern. Zudem können Holvi-Geschäftskonten nun von überall und jederzeit vollständig mobil und papierlos innerhalb weniger Minuten eröffnet und verifiziert werden.
Wir arbeiten auch an der Verbesserung der Finanzberichte bzw. Buchhaltungs-Funktion unseres Produktes und werden hoffentlich bald weitere Neuigkeiten hierzu mitteilen.
Inwieweit hat sich Holvi nach dem Exit von einem Fintech-Start-up zu einem etablierten Unternehmen entwickelt?
Seit unserer Übernahme durch BBVA ist viel passiert. Im März 2016 waren wir ein kleines Team von 13 Personen, heute sind wir über 70. Für das nächste Jahr erwarten wir einen weiteren Anstieg der Mitarbeiterzahl. Natürlich ist es ein Unterschied, dass wir jetzt einen Partner haben, der uns langfristig begleiten und unterstützen wird. Wir können unsere Vision nun mit mehr Ressourcen und höherem Tempo umsetzen. Im Gegensatz zu unserer Anfangsphase konnten wir auch unsere operative Effizienz durch Automatisierung und besser strukturierte Prozesse steigern.